Von Thomas Gawlitta, Founder DMREx
Die Jahre der Pandemie haben uns gezeigt, dass es auch anders geht im Arbeitsbereich: Dass Geschäftsreisen, Vorträge, Sprechstunden und Konferenzen durch Online-Meetings ersetzt werden und lange Pendelstrecken durch Home-Office vermieden werden können. Eine neue Kultur der Arbeit scheint sich eingestellt zu haben. Der Weg, auch den Bürosektor nachhaltig und klimaeffizient zu gestalten, scheint geebnet. Oder?
Ganz so einfach ist das leider nicht. Obwohl im Jahr 2021 laut Statistischem Bundesamt 24,8% aller Erwerbstätigen von zu Hause gearbeitet haben, ist der Ausstoß an CO2-Emissionen, ausgehend vom Bürosektor, kaum gesunken und macht immer noch knapp 40% der Gesamtemissionen aus. Wie kann das sein, wenn ein Viertel aller Mitarbeiter zu Hause bleibt?
Das Problem sind vor allem die Firmenzentralen. Die riesigen Blöcke sind meistens aus Beton gebaut. Dieser Baustoff ist ein echter Klimakiller. Allein in Deutschland fallen durch die Herstellung von Beton jedes Jahr circa 20 Millionen Tonnen CO2 an. Bauen verbraucht also mehr Energie als Geschäftsreisen zum Beispiel, oder Rechenzentren. Während die Energieeffizienz in Gebäuden im Allgemeinen steigt, weil das öffentliche Bewusstsein für Wärmedämmung und Solaranlagen vorhanden ist, bleibt die Gesamtökobilanz von Firmengebäuden schlecht. Dass Mitarbeiter nun weniger vor Ort sind, ändert daran nichts.
Das Gebäude allein ist aber nicht schuld am großen CO2-Fußabdruck, den die Bürowelt hinterlässt. Arbeitet man sich durch den Beton ins Innere des Gebäudes, stößt man auf weitere Klimakiller. Bürogebäude sind meistens groß und haben viele Fenster. Viel Platz bedeutet viel Fläche zum Beheizen. Rund 70% des Energieverbrauches entfallen demnach auf die Heizung, oder die Kühlung des Objekts. Bis zu 30% zusätzlich auf die Beleuchtung, und etwa 10% auf Informations- und Kommunikationstechnologien. Heute beträgt der durchschnittliche Verbrauch von Büros circa 40 bis 70 kWh/m2. Diese Zahlen sind oft wenig greifbar, deshalb zum Vergleich: ein Privathaushalt braucht für die gleiche Fläche 130kWh.
Bedeutet diese Gegenüberstellung nun, dass sich der Energieverbrauch mit der Zunahme von remote Work ins Private verschiebt? Homeoffice bedeutet nicht nur auf Arbeitswege zu verzichten, und deshalb CO2 einzusparen, sondern auch die eigene Küche zu benutzen, was mehr Energie verbraucht als die Gemeinschaftsverpflegung in der Kantine. Homeoffice bedeutet den eigenen Strom aus der Steckdose für Arbeits-Meetings zu benutzen, die eigene Beleuchtung und das eigene Bad. Schauen wir also einmal auf den einzelnen Mitarbeiter im Büro. Das Klimaschutz Unternehmen Carbon-Connect hat aufgeschlüsselt, wie viel CO2 der durchschnittliche Mitarbeiter eines durchschnittlichen Unternehmens im Jahr verbraucht, nämlich 6,9 Tonnen CO2. Spannend wird diese Zahl, wenn man sie nach ihrer Herkunft aufschlüsselt. Während auf Strom und Tätigkeiten wie Drucken und Essen nur minimale Emissionen entfallen, sieht es bei Fernreisen und Dienstfahrzeugen ganz anders aus. Mit 35% sind Dienstfahrzeuge die größten Klimakiller. Dicht gefolgt von Geschäftsreisen mit dem Flugzeug (20%), und Heizung (15%). Diese Aufschlüsselung zeigt deutlich, dass Green-Office-Strategien bei Mobilität ansetzen müssen. Denn hier lässt sich deutlich Energie einsparen!
Es lohnt sich also, sich den Bereich Mobilität ein wenig näher anzuschauen. Das Statistische Bundesamt hat festgestellt, dass immer noch 68% aller Erwerbstätigen mit dem Auto zur Arbeit fahren. Rechnet man mit einem Arbeitsweg von 10 Kilometern und einem durchschnittlichen Verbrauch, dann sind das pro Tag pro Kopf 2,6 Kilogramm CO2, die auf dem Arbeitsweg in die Luft geblasen werden. Emissionen, die sich im Homeoffice vermeiden lassen. Denn selbst, wenn nur 20% aller Erwerbstätigen im Homeoffice bleiben, dann spart das in Deutschland jährlich eine Millionen Tonnen CO2-Emissionen ein – den CO2-Ausstoß von umgerechnet 370.000 Autos.
Was bedeutet es nun genau, wenn Mitarbeiter zu Hause bleiben? Wie viel zusätzliche Kosten fallen für sie an? Ist Homeoffice tatsächlich gut fürs Klima oder verschieben sich die Emissionen weg vom Büro- hin zum Privathaushalt? Die Fachgemeinschaft für effiziente Energieanwendung hat zu diesem Thema geforscht und festgestellt, dass beim Arbeiten im Homeoffice der Stromverbrauch für einen Zwei-Personen-Haushalt um bis zu 30% steigen kann. Außerdem erhöht die Arbeit im Homeoffice den Bedarf an Kommunikation. Laut einer Analyse der Marketingplattform Hubspot werden im Homeoffice 20% mehr E-Mails geschrieben. Das sind virtuelle Wegstrecken, die die Treibhausgasemissionen in die Höhe treiben. Eine E-Mail verbraucht ungefähr vier Gramm CO2, mit Anhang sind es sogar 50. Online-Konferenzen mit Kamera, die eine Stunde dauern verbrauchen sogar ein ganzes Kilogramm CO2. Ist der Energiemix des Providers schlecht, werden Rechenzentren zum Beispiel mit schmutziger Kohle betrieben, ist der Ausstoß noch höher.
All das muss bedacht werden, wenn sich ein Unternehmen mit der eigenen Energiebilanz auseinandersetzt. Home-Office bedeutet nicht gleich sparen, denn digitale Technologien verbrauchen auch Treibhausgasemissionen.
Der Weg zu mehr Nachhaltigkeit kann deshalb eine Green-Office-Strategie sein, in der über Beleuchtung, Klimatisierung, und Elektronik gesprochen wird. Es reicht nicht, die Mitarbeitenden ins Homeoffice zu schicken, um Energie zu sparen. Ein durchschnittliches Büro, das mit zehn bis 20 Mitarbeitenden aktuell im Durchschnitt fünf bis zehn Tonnen CO2 im Jahr ausstößt, kann mit wenig Aufwand klimafreundlicher werden. Vielleicht muss es nicht immer der SUV sein, der als Dienstwagen hinhält. Vielleicht können Inlandsflüge durch Bahnreisen ersetzt werden und die Heizung runtergedreht. Effizienz und Nachhaltigkeit können Einzug in jedes Büro und in jeden Haushalt finden. Wahre Klimakiller sind nicht die Mitarbeiter, sondern die Beton-Komplexe, in denen sie sitzen, und die Autos, in denen sie zur Arbeit fahren. In Zeiten der Corona-Pandemie, als 70% der Berufspendler zu Hause geblieben sind, konnten jährlich 8 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Hier sollte man ansetzen.
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