Von Dr. Patrick Bergmann, Geschäftsführer Madaster Deutschland
Bauen und die gebaute Umwelt prägen unser Leben. Aber wie wir bauen, ist entscheidend! Man kann entweder traditionell bauen, indem man Rohstoffe linear verwendet und dabei viel Abfall erzeugt, oder man baut zukunftsfähig, indem man vorhandene Materialien wiederverwendet und recycelt und Abfall zu reduziert. Der Kreis Viersen in Nordrhein-Westfalen hat einen Weg gefunden, Nachhaltigkeit im Bau mit finanziellen Vorteilen zu verbinden und gleichzeitig die Umwelt zu schützen.
Ein Schritt zurück, wo wir stehen
Der Bausektor verursacht etwa ein Drittel des Energieverbrauchs und 40 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland. Im Jahr 2020 machten Bau- und Abbruchabfälle mehr als die Hälfte des gesamten Abfallaufkommens aus. Um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen, ist ein nachhaltigerer Umgang mit Rohstoffen dringend erforderlich.
Cradle-to-Cradle: die einzig echte Lösung
Die Kreislaufwirtschaft, die auf intelligenter Nutzung sowie Wiederverwendung und Recycling beruht, ist der Schlüssel. Das bedeutet, dass alle Bauteile und Materialien so verwendet werden, dass sie am Ende des Lebenszyklus einer Immobilie dekonstruiert und dem Materialkreislauf zurückgeführt werden können. Dies schützt nicht nur natürliche Ressourcen, sondern reduziert auch nachhaltig CO2-Emissionen. Kreislauffähige Gebäude erzielen zudem höhere Preise bei Vermietung und Verkauf und werden bereits von einigen Banken positiv bei der Zinsberechnung für Kredite berücksichtigt. Wer wettbewerbsfähig bleiben möchte, muss sich mit zirkulären Baupraktiken auseinandersetzen.
Kreisarchiv Viersen: Ein Vorbild für zirkuläres Bauen und bilanzielle Vorteile
Das Kreisarchiv Viersen in Nordrhein-Westfalen ist ein Pilotprojekt für zirkuläres Bauen. Trotz anfänglich höherer Baukosten wurden die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft konsequent umgesetzt, was zu langfristigen Einsparungen und einer nachhaltigen Energieversorgung führt. Das Projekt demonstriert, wie zirkuläres Bauen ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist und kann als Vorbild für zukünftige Bauprojekte dienen.
Zirkuläres Bauen wird künftig auch durch bilanzielle Vorteile gefördert. Bisher haben Kommunen und Städte Gebäude linear abgeschrieben, basierend auf ihrer Nutzungsdauer, was dazu führte, dass Gebäude nach 40 bis 60 Jahren praktisch wertlos wurden. Der Erlass "Neues Kommunales Finanzmanagement" ändert diese Praxis, indem er die Bilanzierung von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens unter Berücksichtigung des zirkulären Werts ermöglicht.
Ohne Transparenz keine Kreislaufwirtschaft
Für ein erfolgreiches Umsetzen des zirkulären Bauens sind Transparenz und Umweltdaten von Anfang an unerlässlich. Plattformen wie madaster bieten Werkzeuge zur Verfolgung und Bewertung von Materialien während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes, indem sie Umweltdaten integrieren und Eigentümer:innen umfassende Informationen über die Kreislauffähigkeit, den CO2-Fußabdruck und die Zusammensetzung ihrer Immobilie bereitstellen. Diese Transparenz erfüllt nicht nur die aktuellen Nachhaltigkeitsanforderungen, sondern bringt auch wirtschaftliche Vorteile durch reduzierte Energiekosten, erhöhten Immobilienwert und eine größere Akzeptanz in der Gemeinschaft.
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