top of page
AutorenbildThomas Gawlitta

Atmosphärische CO2-Entfernung ist keine Science-Fiction mehr

Von René Haas, Gründer NeuCarbon


Der Diskurs über die direkte Lufterfassung (Direct Air Capture, DAC) erinnert mitunter an ein Drehbuch von Christopher Nolan. Ein Großteil der Inhalte ist hypothetisch und mit einem Hauch von Skepsis formuliert. Dies ist nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass laut IEA weltweit erst 27 DAC-Anlagen in Betrieb genommen wurden. In Beiträgen über bestehende Projekte werden häufig Maschinen beschrieben, die an abgelegenen Orten „Kohlenstoff aus der Luft saugen“. Im Jahr 2024 wird die direkte Luftreinhaltung jedoch eine neue Ära der Praktikabilität und Zugänglichkeit einläuten.


Energieeffiziente DAC durch Abwärme


Ein Haupthindernis für die Einführung von CCS ist der hohe Energiebedarf. Da CO₂ in der Atmosphäre verdünnt ist, insbesondere im Vergleich zu einer Punktquelle wie Kraftwerksabgasen, erfordert seine Abscheidung große Mengen elektrischer und insbesondere thermischer Energie. Die DAC-Technologien auf der Grundlage fester Sorptionsmittel benötigen etwa 6 Gigajoule (GJ) Wärmeenergie pro Tonne CO2-Entfernung, während Technologien auf der Grundlage flüssiger Lösungsmittel zwischen 5,25 und 8 GJ pro Tonne liegen. Damit DAC zu einer Netto-Reduktion von Kohlenstoff in der Atmosphäre führt, muss die Energie, die für den Betrieb von DAC verwendet wird, aus Quellen stammen, die keine zusätzlichen Emissionen verursachen.  


DAC in der Praxis


An dieser Stelle kommt die Abwärme ins Spiel, um die DAC im kleinen Maßstab wirtschaftlicher zu machen. Durch die Nutzung von Niedertemperatur-Abwärmeströmen, die in allen Industriezweigen - von der Chemie über Glas und Papier bis hin zum Zement - allgegenwärtig sind, lässt sich DAC wirtschaftlicher und ressourcenschonender betreiben. Das Wuppertal Institut schätzt, dass die Nutzung von Abwärme zum Antrieb von Niedertemperatur-DAC-Prozessen dazu beitragen kann, die Kosten für die CO2-Entfernung in Deutschland bis 2045 auf 125-138 Euro pro Tonne zu senken, beziehungsweise auf 161-176 Euro pro Tonne, wenn man die Transportkosten mit einbezieht.

Die Nutzung der Abwärme ist ein entscheidender Faktor dafür, dass DAC heute eine praktische Lösung darstellt. Anstatt auf die Inbetriebnahme großer DAC-Projekte zu warten und Emissionsgutschriften zu erwerben, nehmen Unternehmen ihre Bemühungen zur Kohlenstoffabscheidung selbst in die Hand, indem sie ihre Kühltürme mit DAC-Modulen nachrüsten. NeoCarbon hat kürzlich eine Modulinstallation bei einem Pilotkunden abgeschlossen und ist damit eines der ersten Unternehmen weltweit, das ein Projekt zur direkten Luftabscheidung in die Praxis umgesetzt hat. Der gesamte Prozess von der Machbarkeitsprüfung bis zur endgültigen Installation dauerte weniger als ein Jahr. NeoCarbon unterzeichnete den Vertrag im August 2023 und widmete sich bis Ende des Jahres dem Design und der Integration. Von Januar bis März 2024 wurde das Modul gebaut und im April 2024 an den Kunden ausgeliefert.


Skalierbarkeit der NeoCarbon DAC-Lösung


Das Projekt verdeutlicht das Potenzial von NeoCarbon, bis 2030 jährlich eine Million Tonnen CO₂ abzuscheiden. Es zeigt zudem, wie dieser Ansatz zur Abscheidung von Kohlenstoffemissionen aus einer Reihe von Branchen beitragen kann. Die Technologie kann von jedem Unternehmen genutzt werden, das Abwärme in einem Temperaturbereich von 28 bis 150 °C erzeugt. Besonders geeignet ist sie für Branchen, die eine Endnutzung für den abgeschiedenen Kohlenstoff haben. Mit einer zweiten Anlage vor Ort, die in Arbeit ist, macht NeoCarbon die atmosphärische Kohlenstoffabscheidung für Unternehmen in Europa immer mehr zur Realität.

0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comments


bottom of page